Moderator: Herr Högel, Sie haben die Bilanz der PCC SE für das Geschäftsjahr 2022 aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht analysiert. Welche positiven Aspekte sehen Sie in diesem Jahresabschluss, die Anleger beachten sollten?

Maurice Högel: Ein klarer positiver Aspekt der Bilanz ist die deutliche Verbesserung der Ertragslage im Vergleich zum Vorjahr. Die PCC SE konnte einen Jahresüberschuss von rund 39,4 Millionen Euro erwirtschaften, was eine erhebliche Verbesserung im Vergleich zum Vorjahresfehlbetrag von 16,7 Millionen Euro darstellt. Dies zeigt, dass das Unternehmen wirtschaftlich stabil aufgestellt ist und sich in einem herausfordernden Marktumfeld behaupten konnte. Zudem stiegen die Umsatzerlöse um knapp 20 %, was ein solides Wachstum signalisiert. Für Anleger ist das ein positives Zeichen, dass das Unternehmen profitabel wirtschaftet und sich in einer Wachstumsphase befindet.

Moderator: Welche kritischen Punkte sehen Sie, die aus der Sicht der Anleger möglicherweise Anlass zur Vorsicht geben könnten?

Maurice Högel: Da gibt es mehrere Punkte. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die hohe Abhängigkeit von verbundenen Unternehmen. Rund 700 Millionen Euro des Anlagevermögens bestehen aus Anteilen und Ausleihungen an diese verbundenen Unternehmen. Dies kann riskant sein, da die finanzielle Stabilität der PCC SE eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Unternehmen verknüpft ist. Wenn sich eines oder mehrere dieser Tochterunternehmen in einer Schieflage befinden, könnte dies die Bilanz der PCC SE negativ beeinflussen.

Ein weiterer kritischer Aspekt sind die hohen Verbindlichkeiten, die auf 507,7 Millionen Euro angestiegen sind. Besonders die Anleihen stellen hier ein Risiko dar, da das Unternehmen in den kommenden Jahren erheblichen Refinanzierungsbedarf haben wird. Wenn sich die Marktbedingungen verschlechtern oder die Zinsen steigen, könnte dies die Bedienung dieser Schulden erschweren und die Liquidität belasten.

Moderator: Sie erwähnten die Anleihen und Verbindlichkeiten. Welche speziellen Risiken sehen Sie hier für die Anleihegläubiger?

Maurice Högel: Die Anleihen der PCC SE machen einen großen Teil der Verbindlichkeiten aus und belaufen sich auf 440 Millionen Euro. Anleihegläubiger sollten beachten, dass die Rückzahlung dieser Anleihen und die Zinsverpflichtungen in den nächsten Jahren fällig werden. Wenn das Unternehmen diese Anleihen nicht durch frische Kapitalbeschaffung oder Umschuldungen ablösen kann, könnte es zu Liquiditätsengpässen kommen. Außerdem sind die Zinsaufwendungen mit 19,2 Millionen Euro schon jetzt beträchtlich. Sollte das Zinsniveau weiter steigen, könnte dies die Refinanzierungskosten zusätzlich belasten.

Moderator: Welche weiteren Risiken haben Sie identifiziert?

Maurice Högel: Ein weiteres Risiko liegt in den gestiegenen Rückstellungen, die von 3,7 Millionen Euro auf 6,4 Millionen Euro angestiegen sind. Das deutet darauf hin, dass das Unternehmen mit zukünftigen Verpflichtungen rechnet, die die Bilanz zusätzlich belasten könnten. Zudem gibt es Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen, die sich auf über 62 Millionen Euro fast verdoppelt haben. Diese internen Verbindlichkeiten können problematisch werden, wenn die Tochtergesellschaften Schwierigkeiten haben, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Moderator: Sehen Sie also vor allem die Verschuldung als das Hauptproblem?

Maurice Högel: Die Verschuldung ist definitiv ein zentrales Risiko, das nicht unterschätzt werden sollte. Zwar gibt es positive Aspekte, wie die gesteigerten Umsätze und der Jahresüberschuss, aber die hohe Abhängigkeit von der Entwicklung der Tochtergesellschaften und die umfangreiche Verschuldung sind für Anleger klare Risikofaktoren. Insbesondere Anleihegläubiger sollten die Fähigkeit der PCC SE, ihre Schulden zu refinanzieren, genau im Blick behalten.

Moderator: Gibt es dennoch einen Grund für Optimismus aus Anlegersicht?

Maurice Högel: Ja, durchaus. Die Profitabilität des Unternehmens ist ein klarer Lichtblick, ebenso die positive Entwicklung des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, der trotz der Herausforderungen bei 6,2 Millionen Euro liegt. Das zeigt, dass das Unternehmen in der Lage ist, operativ stabil zu arbeiten. Langfristig könnte die PCC SE, wenn sie ihre Verschuldung im Griff behält und ihre Abhängigkeit von den Tochtergesellschaften verringert, eine attraktive Anlageoption darstellen. Für konservative Anleger wäre es jedoch ratsam, die zukünftigen Refinanzierungen genau zu beobachten.

Moderator: Vielen Dank, Herr Högel, für Ihre Einschätzung und die kritische, aber faire Bewertung der Bilanz der PCC SE!

Maurice Högel: Sehr gerne.