Interviewer: Herr Bremer, die BaFin hat kürzlich vor der Cannerald AG gewarnt, einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das in Deutschland Genussscheine anbietet. Es besteht der Verdacht, dass diese Wertpapiere ohne das erforderliche Wertpapier-Informationsblatt angeboten wurden. Sie waren einer der ersten, der vor Investitionen in dieses Unternehmen gewarnt hat. Können Sie uns erklären, was hier genau passiert ist?

Thomas Bremer: Ja, das stimmt. Ich habe schon früh auf die Risiken hingewiesen, die mit einer Investition in die Cannerald AG verbunden sind, und es war absehbar, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Der Kern des Problems liegt darin, dass die Cannerald AG Genussscheine in Deutschland öffentlich angeboten hat, ohne das notwendige Wertpapier-Informationsblatt bei der BaFin einzureichen. Diese Dokumentation ist eine grundlegende Voraussetzung, damit Anleger alle relevanten Informationen erhalten, bevor sie investieren. Ein solches Versäumnis ist nicht nur ein formaler Fehler, sondern ein gravierender Verstoß gegen das Wertpapierprospektgesetz (WpPG).

Interviewer: Können Sie uns erklären, warum das Wertpapier-Informationsblatt so wichtig ist?

Thomas Bremer: Das Wertpapier-Informationsblatt (WIB) ist ein zentrales Dokument im Anlegerschutz. Es muss alle wesentlichen Informationen über das angebotene Wertpapier enthalten – dazu gehören Details über die Struktur des Investments, mögliche Risiken und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Emittenten. Es sorgt dafür, dass Anleger eine fundierte Entscheidung treffen können. Ohne dieses Informationsblatt tappen Investoren im Dunkeln, und es besteht ein erhöhtes Risiko, dass sie in unklare oder sogar betrügerische Geschäfte verwickelt werden.

Interviewer: Was genau bedeutet es, wenn ein Unternehmen wie die Cannerald AG Genussscheine ohne ein solches Informationsblatt anbietet?

Thomas Bremer: Wenn ein Unternehmen in Deutschland Wertpapiere, wie zum Beispiel Genussscheine, öffentlich anbietet, ohne ein genehmigtes Wertpapier-Informationsblatt, verstößt es gegen das Wertpapierprospektgesetz. Das ist kein kleiner Fehler – es zeigt, dass das Unternehmen entweder nicht weiß, was die gesetzlichen Anforderungen sind, oder diese bewusst ignoriert. In beiden Fällen ist es ein enormes Risiko für Anleger, da diese nicht die nötigen Informationen haben, um die Seriosität und Rentabilität des Angebots zu bewerten.

Interviewer: Welche Konsequenzen könnte die Cannerald AG aufgrund dieses Verstoßes erwarten?

Thomas Bremer: Wenn der Verdacht der BaFin bestätigt wird, könnte die Cannerald AG mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen rechnen. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapier-Informationsblatts kann mit einer Geldbuße von bis zu 700.000 Euro geahndet werden. Zusätzlich haften die Verantwortlichen persönlich für unvollständige oder falsche Angaben, falls überhaupt Informationen herausgegeben wurden. Für die betroffenen Anleger ist dies ebenfalls eine kritische Situation, da sie möglicherweise nicht ausreichend geschützt sind und im schlimmsten Fall ihr investiertes Kapital verlieren könnten.

Interviewer: Was raten Sie den Anlegern, die bereits in die Cannerald AG investiert haben oder darüber nachdenken, dies zu tun?

Thomas Bremer: Zuerst einmal: Wenn jemand bereits investiert hat, sollten die betroffenen Anleger so schnell wie möglich prüfen, welche Informationen sie überhaupt von der Cannerald AG erhalten haben. Es wäre ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, die Investition rückgängig zu machen, sofern das rechtlich möglich ist. Falls jemand überlegt, zu investieren, rate ich dringend davon ab, solange kein ordentliches Wertpapier-Informationsblatt vorliegt. Ohne dieses Dokument wissen Anleger einfach nicht, worauf sie sich einlassen.

Außerdem sollten sich Anleger immer die Zeit nehmen, auf den offiziellen Seiten der BaFin nachzusehen, ob das Unternehmen eine Genehmigung hat und ob ein Wertpapier-Informationsblatt hinterlegt wurde. Wenn nicht, ist das bereits ein großer Warnhinweis.

Interviewer: Die BaFin hat Verbraucher dazu aufgerufen, bei Verdacht auf illegale Finanzangebote Hinweise zu liefern. Wie können Anleger dabei helfen?

Thomas Bremer: Die BaFin ist auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um schnell und effektiv gegen illegale Angebote vorgehen zu können. Wenn ein Anleger zum Beispiel Vertragsunterlagen, E-Mails, Telefonnummern oder Kontoverbindungen des Anbieters hat, kann er diese an die Hinweisgeberstelle der BaFin weiterleiten. Solche Informationen sind enorm wertvoll, um gegen dubiose Anbieter vorzugehen und weitere Investoren zu schützen.

Interviewer: Herr Bremer, abschließend: Was sollten Anleger in Zukunft tun, um sich besser zu schützen?

Thomas Bremer: Das Wichtigste ist, sich nicht von hohen Renditeversprechen blenden zu lassen und immer kritisch zu bleiben. Ein Investment sollte niemals auf Basis von Halbwahrheiten oder mangelnden Informationen getätigt werden. Prüfen Sie immer, ob ein Unternehmen über die nötigen Genehmigungen verfügt und ob alle vorgeschriebenen Dokumente, wie zum Beispiel das Wertpapier-Informationsblatt, vorliegen. Wenn Sie unsicher sind, holen Sie sich professionelle Hilfe von Anlegerschutzorganisationen oder einem Anwalt. Letztlich ist eine gesunde Portion Skepsis der beste Schutz vor Betrug.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Bremer, für Ihre wertvollen Einblicke und Ratschläge. Es ist gut zu wissen, dass es Experten gibt, die sich für den Schutz der Anleger einsetzen.

Thomas Bremer: Gern geschehen. Der Schutz der Anleger ist enorm wichtig, besonders in Zeiten, in denen immer wieder neue dubiose Angebote auf den Markt kommen. Anleger sollten immer wachsam bleiben und ihre Investitionen genau prüfen.