Interviewer: Herr Rasch, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Heute wollen wir klären, ob Seminarangebote auf YouTube, die sich an deutsche Verbraucher richten, unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) fallen. Können Sie das für uns erklären?

Mike Rasch: Sehr gerne. Das Fernunterrichtsschutzgesetz, kurz FernUSG, soll Verbraucher schützen, die an Fernunterrichtsangeboten teilnehmen. Fernunterricht ist im Grunde jede Art von Lehrveranstaltung, bei der der Lehrende und der Lernende räumlich voneinander getrennt sind, also nicht in einem Raum zusammen sind. Typische Beispiele wären Online-Kurse oder auch klassische Fernlehrgänge, bei denen Materialien per Post zugeschickt werden.

Das Gesetz stellt bestimmte Anforderungen, die den Schutz der Teilnehmer sicherstellen sollen, zum Beispiel klare Verträge, Widerrufsrechte und eine Prüfung des Inhalts durch die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU).

Interviewer: Und wie sieht das bei Seminarangeboten auf YouTube aus?

Mike Rasch: Bei Seminarangeboten auf YouTube kommt es darauf an, wie genau das Angebot ausgestaltet ist. Das FernUSG greift, wenn drei Kriterien erfüllt sind:

  1. Unterrichtscharakter: Es muss sich um eine organisierte, strukturierte Wissensvermittlung handeln.
  2. Gegen Entgelt: Der Kurs muss etwas kosten. Wenn die Inhalte kostenlos sind, fällt das Angebot nicht unter das FernUSG.
  3. Vertragliche Bindung: Es muss ein verbindlicher Vertrag zwischen Anbieter und Teilnehmer bestehen, der Verpflichtungen mit sich bringt.

Ein Seminarangebot auf YouTube fällt also dann unter das Fernunterrichtsschutzgesetz, wenn der Anbieter für den Zugang zu den Lehrinhalten Geld verlangt und es sich um ein organisiertes Lehrprogramm handelt, das auf eine vertragliche Bindung abzielt.

Interviewer: Also wenn ich ein kostenloses Video auf YouTube anschaue, ist das kein Fernunterricht?

Mike Rasch: Genau, kostenlose Inhalte auf YouTube fallen nicht unter das FernUSG. Es handelt sich dabei nicht um einen „verbindlichen“ Unterricht, sondern eher um eine frei zugängliche Wissensquelle. Das Gesetz greift nur, wenn eine Art Vertrag zustande kommt und Geld fließt.

Interviewer: Was passiert, wenn ein kostenpflichtiger YouTube-Kurs unter das FernUSG fällt? Was bedeutet das für den Anbieter?

Mike Rasch: Wenn ein kostenpflichtiges Seminar auf YouTube unter das FernUSG fällt, muss der Anbieter sicherstellen, dass er bestimmte Auflagen erfüllt. Zum Beispiel muss der Kurs von der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) geprüft und zugelassen werden. Die ZFU prüft, ob der Kurs seriös ist, ob die Lernziele klar definiert sind und ob der Anbieter faire Vertragsbedingungen bietet. Außerdem muss den Teilnehmern ein Widerrufsrecht eingeräumt werden.

Verstöße gegen das FernUSG können für den Anbieter rechtliche Konsequenzen haben, wie etwa Bußgelder oder die Untersagung des Angebots.

Interviewer: Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem ein Seminar auf YouTube unter das FernUSG fallen würde?

Mike Rasch: Klar. Nehmen wir an, jemand bietet auf YouTube eine mehrteilige Schulungsreihe zur Vorbereitung auf eine bestimmte berufliche Prüfung an, zum Beispiel für angehende Steuerberater. Für den Zugang zu diesen Videos müssen die Teilnehmer bezahlen, und sie verpflichten sich, über mehrere Monate hinweg an dem Programm teilzunehmen. In diesem Fall könnte das Angebot unter das FernUSG fallen, da es eine klare Struktur, einen Lehrplan und eine vertragliche Bindung gibt – und es kostet Geld.

Interviewer: Was bedeutet das alles für Verbraucher? Worauf sollten sie achten?

Mike Rasch: Verbraucher sollten vor allem darauf achten, ob sie sich auf vertragliche Verpflichtungen einlassen und ob das Angebot Geld kostet. Wenn ja, haben sie das Recht, dass das Angebot bestimmte Standards erfüllt, zum Beispiel durch die ZFU geprüft wurde. Falls dies nicht der Fall ist, sollten sie vorsichtig sein. Ein seriöser Anbieter wird transparent darüber informieren, ob sein Kurs unter das FernUSG fällt und ob er eine Zulassung hat.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Rasch, für diese verständliche Erklärung!

Mike Rasch: Sehr gerne!