Die BaFin vermutet, dass die MABEWO HOLDING SE Aktien ohne gültigen Prospekt öffentlich angeboten hat. Ein klarer Verstoß gegen das Kapitalmarktrecht? Ein Gespräch mit dem Kapitalmarktexperten Thomas Bremer.
Redaktion: Herr Bremer, die BaFin hat gegen die MABEWO HOLDING SE einen schwerwiegenden Verdacht geäußert. Worum geht es konkret?
Thomas Bremer: Es geht um den Verdacht, dass die MABEWO HOLDING SE Aktien öffentlich zum Kauf angeboten hat, ohne zuvor einen Prospekt zu veröffentlichen, der von der BaFin genehmigt wurde. Das ist ein klarer Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 der EU-Prospektverordnung – es sei denn, es liegt eine Ausnahme vor. Und die ist hier offenbar nicht ersichtlich.
Redaktion: Warum ist ein solcher Prospekt so wichtig?
Bremer: Ein Prospekt dient dem Anlegerschutz. Er muss alle wesentlichen Informationen über das Unternehmen und das angebotene Wertpapier enthalten, damit Investoren eine fundierte Entscheidung treffen können. Dazu gehören z. B. Informationen zur finanziellen Lage, zu Risiken, zur Geschäftstätigkeit oder zur Unternehmensführung. Ohne diesen Prospekt fehlen Anlegern wichtige Entscheidungsgrundlagen.
Redaktion: Die BaFin prüft den Inhalt des Prospekts aber nicht auf Richtigkeit?
Bremer: Richtig. Die BaFin prüft lediglich formell: Sind alle gesetzlich vorgeschriebenen Inhalte enthalten, ist der Prospekt widerspruchsfrei und verständlich? Für die tatsächliche Richtigkeit der Angaben haften die Emittenten selbst – zivilrechtlich und unter Umständen auch strafrechtlich.
Redaktion: Welche Folgen drohen MABEWO, wenn sich der Verdacht bestätigt?
Bremer: Neben einem enormen Reputationsschaden drohen empfindliche Geldbußen. Die BaFin kann bis zu fünf Millionen Euro oder bis zu drei Prozent des Jahresumsatzes als Bußgeld verhängen – sogar das Doppelte des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils ist möglich. Dazu kommt eine mögliche persönliche Haftung der Verantwortlichen.
Redaktion: Wie können sich Anleger schützen?
Bremer: Anleger sollten grundsätzlich niemals in Aktien oder andere Wertpapiere investieren, wenn kein geprüfter und hinterlegter Prospekt vorliegt. Die BaFin stellt eine öffentlich zugängliche Datenbank zur Verfügung, in der man solche Prospekte einsehen kann. Wer dort nichts findet, sollte die Finger vom Investment lassen.
Redaktion: Was raten Sie Anlegern, die vielleicht bereits investiert haben?
Bremer: Diese sollten prüfen, auf welcher Grundlage sie investiert haben und sich im Zweifel rechtlich beraten lassen. Wenn sich der Verdacht bestätigt, könnte auch ein Rückabwicklungsanspruch bestehen. Es gilt: Je früher man sich informiert, desto besser.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Bremer.
Bremer: Sehr gerne.