Interviewer: Herr Bremer, die BaFin hat kürzlich eine Bekanntmachung über das Angebot von eTREE- und TREE-Token der Global TREE Project AG veröffentlicht. Können Sie uns erläutern, worum es in dieser Mitteilung geht?

Thomas Bremer: Gerne. Die BaFin hat den Verdacht, dass die Global TREE Project AG möglicherweise in Deutschland Wertpapiere in Form von eTREE- und TREE-Token öffentlich anbietet, ohne dass dafür der erforderliche Wertpapierprospekt vorliegt. Ein Prospekt ist ein Dokument, das alle wichtigen Informationen über ein Wertpapier enthält und von der zuständigen Finanzaufsichtsbehörde geprüft und genehmigt werden muss. Die BaFin hat derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Angebot von der Prospektpflicht ausgenommen ist, was die Situation problematisch macht.

Interviewer: Warum ist ein Wertpapierprospekt in diesem Zusammenhang so wichtig?

Thomas Bremer: Ein Wertpapierprospekt dient in erster Linie dem Schutz der Anleger. Er stellt sicher, dass alle relevanten Informationen, Risiken und Chancen transparent offengelegt werden. Ohne einen solchen Prospekt haben Anleger keine Möglichkeit, sich umfassend über das Investment zu informieren und es auf mögliche Risiken zu überprüfen. Wenn ein Unternehmen Wertpapiere ohne genehmigten Prospekt anbietet, kann das darauf hindeuten, dass es möglicherweise etwas zu verbergen hat oder dass die regulatorischen Anforderungen nicht erfüllt werden.

Interviewer: Die Global TREE Project AG sitzt in der Schweiz. Warum ist die BaFin in Deutschland trotzdem involviert?

Thomas Bremer: Die BaFin wird dann aktiv, wenn Wertpapiere oder Finanzprodukte in Deutschland öffentlich angeboten werden. Es spielt keine Rolle, ob das Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat. Wenn das Angebot deutsche Anleger erreicht, gilt das deutsche Wertpapierprospektgesetz, und die BaFin ist zuständig, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.

Interviewer: In der Aktualisierung vom 27. März 2024 steht, dass nun ein Wertpapierprospekt für die TREE-Token aus Liechtenstein nach Deutschland notifiziert wurde. Was bedeutet das genau?

Thomas Bremer: Eine Notifizierung bedeutet, dass ein in Liechtenstein genehmigter Wertpapierprospekt nun auch in Deutschland anerkannt wird. Das europäische „Pass-Through-Verfahren“ erlaubt es, dass ein in einem EU- oder EWR-Land gebilligter Prospekt auch in anderen Mitgliedsstaaten genutzt werden kann, ohne dass dort ein neuer Prospekt erforderlich ist. Da Liechtenstein ein EWR-Land ist, konnte der dort genehmigte Prospekt der Global TREE Project AG nach Deutschland „gepasst“ werden, sodass die TREE-Token nun in Deutschland öffentlich angeboten werden dürfen – allerdings nur solange die Gültigkeit des Prospekts besteht.

Interviewer: Bedeutet das, dass es nun für Anleger sicher ist, in TREE-Token zu investieren?

Thomas Bremer: Die Notifizierung des Prospekts ist ein wichtiger Schritt, weil sie sicherstellt, dass der Wertpapierprospekt von einer zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt wurde und grundlegende Informationen bereitstellt. Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass das Investment sicher ist oder keine Risiken bestehen. Anleger sollten den Prospekt genau prüfen und alle Risiken sorgfältig abwägen, bevor sie investieren. Ein genehmigter Prospekt garantiert Transparenz, aber es liegt immer noch an den Investoren, eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Interviewer: Was bedeutet das für das Angebot der eTREE-Token, die in der Bekanntmachung ebenfalls erwähnt wurden?

Thomas Bremer: Die Aktualisierung bezieht sich nur auf die TREE-Token. Für die eTREE-Token scheint es weiterhin keinen genehmigten Prospekt zu geben. Das bedeutet, dass das öffentliche Angebot dieser Token in Deutschland nach wie vor ohne regulatorische Grundlage stattfinden könnte. Die BaFin könnte hier weitere Schritte einleiten, wenn die eTREE-Token weiterhin ohne entsprechenden Prospekt angeboten werden.

Interviewer: Welche Ratschläge würden Sie Anlegern geben, die in Token-basierte Wertpapiere wie TREE oder eTREE investieren möchten?

Thomas Bremer: Ich würde dringend raten, alle verfügbaren Informationen genau zu prüfen, insbesondere den Wertpapierprospekt, wenn er vorhanden ist. Token-basierte Wertpapiere sind oft mit zusätzlichen Risiken verbunden, die man aus traditionellen Investitionen vielleicht nicht kennt. Wenn es keinen genehmigten Prospekt gibt, sollte man besonders vorsichtig sein und sich im Zweifel professionelle Beratung holen. Bei Investitionen in unregulierte Produkte besteht immer ein erhebliches Risiko, und es kann schwer sein, im Falle eines Verlustes rechtliche Ansprüche geltend zu machen.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Bremer, für die ausführliche und verständliche Erklärung.

Thomas Bremer: Sehr gerne. Es ist wichtig, dass Anleger gut informiert sind, gerade wenn es um innovative, aber oft risikoreiche Investments wie Token-basierte Wertpapiere geht.