Viele Kommanditisten finden sich in einer schwierigen Lage wieder, wenn ihre Kommanditgesellschaft (KG) in die Liquidation geht. In dieser Phase werden ihre Kündigungsrechte stark eingeschränkt. Rechtsanwalt Reime erklärt im Gespräch, welche Folgen das für betroffene Anleger hat und wie sie sich schützen können.
Die Kündigungsrechte von Kommanditisten
Kommanditisten sind Gesellschafter einer KG und können ihre Mitgliedschaft grundsätzlich kündigen. Nach dem Handelsgesetzbuch (§ 132 HGB) ist eine ordentliche Kündigung in der Regel mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Geschäftsjahres möglich. Doch diese Rechte ändern sich, wenn die Gesellschaft in die Liquidation eintritt.
„In der Liquidationsphase wird das ordentliche Kündigungsrecht faktisch außer Kraft gesetzt,“ erläutert Reime. „Das liegt am Konzept der sogenannten Schicksalsgemeinschaft. Hier sind alle Gesellschafter verpflichtet, bis zur vollständigen Abwicklung der Gesellschaft an Bord zu bleiben.“
Gefahr des Missbrauchs durch Liquidationsbeschlüsse
Ein Liquidationsbeschluss dient in der Regel dazu, die geordnete Auflösung einer Gesellschaft sicherzustellen. Allerdings kann er auch gezielt eingesetzt werden, um das Kündigungsrecht von Gesellschaftern zu blockieren. „Wenn ein Kommanditist kündigt, könnten die verbleibenden Gesellschafter beschließen, die Gesellschaft in Liquidation zu versetzen. Damit wäre die Kündigung wirkungslos,“ warnt Reime.
Dies könne insbesondere dann problematisch sein, wenn die Gesellschaft wirtschaftlich noch funktionsfähig ist und der Beschluss nur dazu dient, unliebsame Gesellschafter zu binden.
Außerordentliche Kündigung als Lösung?
Ein Ausweg könnte die außerordentliche Kündigung sein, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. „Die Einleitung der Liquidation verändert den Charakter der Gesellschaft grundlegend,“ so Reime. „Für Anleger, die ursprünglich auf langfristige Erträge gesetzt haben, könnte dies unzumutbar sein.“
Obwohl die Rechtsprechung diese Argumentation bislang nur selten anerkannt hat, sieht Reime hier Handlungsbedarf. „Die Gerichte sollten die Liquidation verstärkt als außerordentlichen Kündigungsgrund prüfen – vor allem dann, wenn der Beschluss ohne sachlichen Grund gefasst wurde.“
Schutzmaßnahmen für Anleger
Betroffene Kommanditisten sollten zunächst den Gesellschaftsvertrag prüfen. Oft regelt dieser, ob und wie eine Kündigung während der Liquidation möglich ist. Falls der Vertrag keine klaren Vorgaben macht, können folgende Schritte sinnvoll sein:
- Rechtmäßigkeit prüfen: Ist der Liquidationsbeschluss rechtlich haltbar? Falls nicht, könnte eine Anfechtung infrage kommen.
- Außerordentliche Kündigung prüfen: Liegt eine unzumutbare Belastung vor? Hierbei ist eine umfassende Dokumentation der Umstände entscheidend.
- Rechtliche Beratung einholen: Frühzeitige Beratung kann helfen, Fallstricke zu vermeiden und die eigene Position zu stärken.
Regulierungsbedarf und Reformvorschläge
Reime sieht auch den Gesetzgeber in der Pflicht. „Es sollte gesetzlich klargestellt werden, dass eine Liquidation nicht automatisch das Kündigungsrecht ausschließt.“ Zudem könnten Sanktionen für den Missbrauch von Liquidationsbeschlüssen eingeführt werden.
Eine klare Definition der Schicksalsgemeinschaft und ihrer Grenzen im HGB würde nicht nur den Gesellschaftern, sondern auch den Gerichten mehr Rechtssicherheit bieten.
Fazit
Die eingeschränkten Kündigungsrechte in der Liquidationsphase stellen eine rechtliche Herausforderung dar, die Anleger teuer zu stehen kommen kann. Durch sorgfältige Prüfung der Vertragsbedingungen und rechtzeitige Beratung können sich Kommanditisten jedoch vor unliebsamen Überraschungen schützen.
„Ein informierter Anleger ist ein starker Anleger,“ schließt Reime das Gespräch.